Ich kann es manchmal nicht fassen- nicht nur, dass es leider noch Homophobie in unseren Zeiten gibt, nein, es gibt Menschen, die noch den Hitlergruss ausführen und dazu die AFD wählen. Neid, Eifersucht und Hass, gegen sich oder gegen andere gerichtet. Wie tolerant muss ich denen denn gegenüber sein, die so intolerant und hasserfüllt sind? Haben die denn nichts dazu gelernt?
Und ich frage mich des Öfteren: Wie begegne ich Menschen, die aus irgendwelchen Gründen eine vorgefertigte Meinung haben und das ist für mich das Schlimme dabei: auch nicht verstehen, was sie mit ihrer „Überzeugung“ und Weltanschauung alles anrichten können.
Mobbing ist heutzutage an Schulen immer noch an der Tagesordnung. Damit hatten Kevin und ich auch schon in unserer Jugend zu kämpfen. Zwar aufgrund unterschiedlicher Gründe, aber wir wurden gemobbt. Und es ist heute immer noch so. Ich finde diese Zahl entsetzlich: In Deutschland nimmt sich jeden zweiten Tag ein junger Mensch das Leben. Weil sie Angst haben, damit nicht mehr fertig zu werden, was ihnen – teilweise tagtäglich – angetan wird. Ob es jetzt körperlicher oder psychischer Missbrauch ist, dem sie ausgesetzt oder sie gemobbt werden, also die Angriffsfläche für die Machtkämpfe anderer sind. Und genau diese Täter weichen damit nur ihrem eigenen Abgrund aus. Bei jungen Opfern sind es massive Auswirkungen mit unterschiedlichen Ausprägungen. Aber selbst bei Älteren sind meist, viele Jahre danach, noch tiefe Narben zu spüren, wenn sie nicht verarbeitet werden. Das kann in Form von Traumatisierungen oder anderer Lebenseinschnitte sein wie psychische Störungen oder Beziehungsunfähigkeit im Alter. Mobbingopfer werden gedemütigt und gestraft – meistens für etwas, für das sie nichts können, sei es Aussehen oder sexuelle Orientierung. Vielleicht auch dafür, dass sie sensibel und somit angreifbarer sind in einer Welt, die gefühlt immer grausamer wird. Erst recht, seitdem es durch das Internet möglich ist, immer und überall Aggressivität nach Außen zu tragen und das sogar anonym.
Sensibilität bedeutet für mich aber ein großes Stück weit Empathie und Einfühlungsvermögen, und das ist meines Erachtens bei einigen Menschen einfach nicht gegeben. Vor allem nicht denen, die meinen, andere mit Worten oder Taten grundlos zu verletzen oder sie zu missbrauchen. Und diesen Menschen darf man heute keinen Raum mehr geben.
Es scheint bisher noch nicht gereicht zu haben. Es wird wieder Zeit für mehr Aufklärung. Aufklärung, was es bedeutet, „anders“ zu sein, indem man nicht der gesellschaftlichen Norm, also der „Mehrheit“ entspricht. Es wird Zeit für mehr Aufklärung, was Schubladendenken bedeutet. Es wird Zeit für mehr Aufklärung, wie zerbrechlich Kinderseelen sind und welche Konsequenzen seelische oder körperliche Gewalt mit sich bringen kann. Es wird Zeit, dass Mobbingopfer wissen, an wen sie sich wenden können und auch Hilfe bekommen. Und Täter müssen gerecht bestraft werden für das, was sie anderen antun. Und zwar so, dass sie nach ihrer Strafe nicht mehr da weitermachen, wo sie aufgehört haben.
Bezüglich Hasskommentaren im Internet (so wie im Fall „Papapi“) finde ich, dass diese anders behandelt werden sollten. Dass man diesen Autoren im Netz keinen Raum mehr gibt für ihre unqualifizierten und verletzenden Äußerungen. Man kann mit Hatern nicht diskutieren, weil sie von ihrer Meinung sowieso nicht abrücken. Jegliche Resonanz führt zu noch mehr Hass und Aufmerksamkeit, die sie schlichtweg nicht verdienen. Und aus diesem Grund glaube ich, dass man diesen Menschen nicht mit Liebe begegnen sollte. Wir sollten Intoleranz vielleicht mit Ignoranz, aber nicht mit Gegenliebe beantworten. Denn das würde für mich heißen, dass man versucht, tolerant gegenüber jemandem zu sein, der absolut kein Verständnis, Respekt oder Empathie für andere hat. Wäre es denn so, dann würde er oder sie vielleicht fragen, wenn er/sie irgendetwas nicht versteht oder sich mehr informieren, anstatt erstmal Hasstiraden loszuwerden. Somit wäre ich dafür, alle Kommentare zu löschen, die rein aus des Provozierens-Willens heraus geschrieben und kränkend sind. Diesen Leuten gehört für mich keine Beachtung geschenkt und ihrem Nährboden entzogen, anstatt Öl ins Feuer und zu gießen und somit Feindseligkeit und Intoleranz noch mehr in die Aufmerksamkeit zu rücken. Was machen wir mit Menschen, die immer nur laut sind und von nichts eine Ahnung haben? Ihnen nicht zuhören und ihnen keine Beachtung schenken. Das ist vertane Zeit.
Speziell im Fall von Kevins Blog finde ich, dass feindselige Meinungen sich jeder Grundlage entbehren, weil sie nicht wissen, von was sie reden, weil sie selbst keine Pflegeeltern oder Eltern sind, sie selbst eine andere sexuelle Orientierung haben oder ihre Meinung einfach kundtun, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Und was mich am bedenklichsten finde, dass sie das, und über die sie urteilen, gar nicht kennen. Ich sage auch keinem Elektriker, was er zu tun hat, wenn ich noch nie einen Schraubenzieher in der Hand hatte. Normal, oder?
Stellen wir uns vor, wir wären eine Glaskugel, die immer die Wahrheit sagt und dann sagen wir doch mal einem männlichen Homophoben, dass er heimlich in einen Mann verliebt ist (hat jemand den Film „American Beauty“ gesehen?). Oder sagen wir einem Nazi, dass seine Vorfahren aus erster Generation Juden waren. Und auf einmal sähe die Welt ganz anders aus.
Wir suchen uns nicht aus, mit welchem Geschlecht, Aussehen, Genen, sexueller Orientierung oder Nationalität wir auf die Welt kommen. Genauso wenig, wie wir uns unsere leiblichen Eltern aussuchen können. Aber wir können uns Ergebnisse anschauen und ja- einfach mal genau diese Resultate in die Waagschale legen, bevor wir voreilig über andere urteilen. Und- wir können anfangen, unsere kleine Welt zu verändern, indem wir über den Tellerrand schauen, offener werden für neue Wege und alte, festgefahrene Überzeugungen ablegen. Und uns ein Beispiel nehmen an Kevin und René: Zwei kleinen Menschen eine Kindheit schenken mit Pflege-Eltern, die ihnen – und das steht über allem: bedingungslos Liebe und Zuneigung entgegenbringen. Ungeachtet dessen, welche Geschlechter die Elternteile haben mögen.
Wir sind im 21. Jahrhundert.
Es wird Zeit zum Umdenken.
Und zwar Jetzt.