Plötzlich Regenbogenfamilie Teil 2
Willst du meine Herzmama sein?
Das Outing meiner Frau ist nun ziemlich genau zwei Jahre her und in unserem Leben hat sich in dieser Zeit so ziemlich alles verändert, was nur geht.
In meinem letzten Beitrag hatte ich euch erzählt, dass unsere Familie und Freunde sehr positiv reagiert haben und wenig bis gar keine negativen Kommentare kamen. Glücklicherweise kann ich das immer noch so sagen, allerdings haben sich einige Freundschaften einfach auseinander gelebt.
Denn meine Frau hat sich verändert, wir haben uns verändert.
Besonders das letzte Jahr hat unser gesamtes Leben total auf den Kopf gestellt.
Mit Beantragung der Namens- und Personenstandsänderung im Frühjahr 2018 und Beginn der Hormontherapie wurde unsere Beziehung auf eine echt harte Probe gestellt.
Denn die Gutachten sind eine große psychische Herausforderung und die Hormontherapie… Das ist einfach eine Pubertät in extremster Form!
Ich glaube nicht, dass eine 14jährige sich in ihrer pubertierenden Art viel sagen lässt, aber eine 40jährige tut es noch viel weniger. Und leider gehören Glitzerfingernägel, kurze Röcke und bauchfreie Shirts genauso zur Pubertät einer 40jährigen wie zu der eines Teenagers.
Das war für mich immer eine wahnsinnige Überwindung wenn wir so mit den Kindern unterwegs waren. Fremdschämen trifft es ganz gut.
Aber diese Phase ist glücklicherweise sehr schnell wieder vorbeigegangen und schon im Herbst letzten Jahres konnten wir einen Haken an die Namens- und Personenstandsänderung sowie an die Pubertät machen.
Wir haben begonnen die Fotos nach und nach auszutauschen und irgendwie verschwand der Papa immer mehr, während Ronja immer präsenter wurde. Es ist nicht so, dass wir ‚ihn‘ auf Gedeih und Verderb ausradieren wollten, die Hochzeitsfotos hängen nach wie vor im Wohnzimmer, aber es hat sich unglaublich viel getan.
Das war irgendwie der Moment, in dem mir alles zu viel war.
Ich habe meinen Instagram-account gelöscht, mein Handy abgeschaltet. Ich wollte keinen Kontakt mehr zu irgendjemandem.
Die ganze Last der letzten Monate, der letzten Jahre ist abgefallen und irgendwie war nichts mehr, wie es war. Ich hatte die letzten Jahre so um unsere Ehe gekämpft, dann kam das Outing und ich habe nur noch organisiert und die Dinge am Laufen gehalten. Ich habe meine Frau aufgefangen wenn eine Absage der Krankenkasse kam, geholfen Widersprüche zu schreiben, mich um die Kinder gekümmert. Denn auch wenn sie nun endlich einen ‚Vater‘ hatten, haben auch die kleinen mit ihren knapp 3 Jahren gemerkt, dass die anderen Papas irgendwie anders sind.
Nicht negativ, aber einfach anders.
Im Sommer diesen Jahres ist unser großer in die Schule gekommen.
Bis dahin war es nie ein Thema, dass sein Papa eine Frau ist aber nun kam er zu mir und sagte, dass seine Klassenlehrerin verwundert geschaut habe als er erzählt hat, dass sein Papa Ronja heißt.
Die anderen Kinder haben das gar nicht kommentiert, aber den erstaunten Blick der Klassenlehrerin hatte er sehr wohl bemerkt.
Ich habe der Lehrerin gleich eine email geschrieben und alles erklärt und habe eine wunderbare Antwort bekommen, dass sie erstaunt gewesen sei, aber es toll findet wie offen uner Sohn damit umgeht und wie normal es für ihn ist. Und dass sie dafür sorgen wird, dass es auch für die anderen Kinder normal ist.
Aber mit unserem großen hatte dieser Blick etwas gemacht.
Für ihn war es auf einmal komisch, dass sein Papa eine Frau war.
Also nicht, dass seine Eltern zwei Frauen sind, sondern die Tatsache, dass sein Papa eine Frau ist, einen Frauennamen hat während das bei den anderen nicht der Fall ist.
Ich habe mich in Ruhe mit ihm hingesetzt und überlegt, wie wir Papa denn nennen könnten. Mama kam ihm irgendwie komisch vor, genau wie Mami. Denn für ihn ist eine Mama die Person, bei der er im Bauch war. Und da hat es bei mir klick gemacht.
Denn es gibt Bauchmamas und Herzmamas und diese Idee fand er ganz wunderbar.
Wir haben zusammen eine Karte gebastelt und meiner Frau geschenkt und ab dem Zeitpunkt war sie nicht mehr Papa sondern die Herzmama!
Außenstehende haben immer gefragt wie wir das alles machen wollen und ich konnte nur antworten dass ich es nicht weiß und wir es situationsbedingt entscheiden wollen.
Und genau das war so eine Situation.
Ein Problem kommt auf, wir sprechen darüber und finden gemeinsam eine Lösung.
Ich hoffe sehr, dass wir das auch in Zukunft so handhaben können, wenn auch natürlich meine größte Hoffnung darin besteht, dass wir auch möglichst wenige Probleme treffen werden!