Es gab viele Situationen in meinem Leben, in denen ich mich benachteiligt gefühlt habe, und Chancengleich mit gesunden Menschen fühle ich mich auch noch lange nicht.
Es wird viel davon geredet, dass Menschen mit Behinderung mehr integriert werden müssen.
INKLUSION ist da das Zauberwort.
Selbst in unserem Grundgesetz ist das niedergeschrieben.
Ich habe schon lange das Gefühl, das dieses Gesetz seine Gültigkeit langsam verloren hat.
Es wird von der (Landes-) Regierung oft verlangt, dass dieses Gesetz von den Menschen eingehalten und vor allem umgesetzt wird.
Und jetzt kommt die Frage nach dem „Wie?“
Ich bestreite nicht, dass es Menschen gibt die aus einer bösen Absicht heraus andere wegen ihrer sexuellen Neigung, ihrer Hautfarbe, Religion oder Behinderung benachteiligen, aber meiner Meinung nach liegt unglaublich viel auch an der festgelegten Bürokratie.
Es wird oft davon gesprochen, dass die Menschen mit Beeinträchtigung, denen es körperlich und geistig möglich ist, auf eine Regelschule gehen sollen.
Naja alles schön und gut, aber dafür muss eine Schule bestimmte räumliche und barrierefreie Voraussetzungen bieten.
Gibt es das hier in Deutschland?
Ich habe noch keine Schule gesehen, die zu 100% barrierefrei ist.
Ich würde überall etwas finden.
Und warum?
Weil bei Renovierungsarbeiten bzw. Neubauten darauf verzichtet wird, jemanden hinzuzuziehen, der sich das komplette Gebäude und auch das umliegende Gelände mit den Augen eines beeinträchtigten Menschen ansieht und festlegt, was alles optimiert werden muss.
Oder was ich noch besser finde ist das Beispiel meines Gymnasiums: meine alte Schule hat sich die Mühe gemacht und beim geplanten Neubau einen Fahrstuhl mit eingeplant und was macht die Stadt? Na? Lehnt den geplanten Aufzug ab!
Mit der Begründung er würde zu viele zusätzliche Kosten verursachen.
Da stellt sich mir die Frage, nach der Logik und vor allem danach, ob hier Diskriminierung
schon anfängt?
Als meine Schwester und ich alt genug waren um den Führerschein zu machen, wollte ich natürlich auch, und ich hatte Glück, die Fahrschule meiner Schwester erklärte sich dazu bereit mir das Autofahren beizubringen.
Nach einem kleinen Test wurde entschieden, dass ich den Führerschein für Automatik-Getriebe machen konnte.
Nur das jede Fahrstunde wesentlich teurer war, als die Fahrstunden mit Schalt-Getriebe.
Dazu kam, dass vom TÜV vorausgesetzt wurde, dass ich sowohl eine Begutachtungsfahrt mache (die nochmal teurer war als die normale Fahrstunde) und ein sogenanntes Verkehrsmedizinisches Gutachten vorlege, was mich 120€ gekostet hat.
Ich habe mich damals so geärgert und tue es heute noch!
Du bist als chronisch Kranker in vielen Situationen auf Hilfsmittel angewiesen (nichts anderes ist mein Auto für mich) und musst dann dafür noch zusätzlich Geld hinlegen.
Das hat für mich nichts mehr mit Chancengleichheit zu tun.
Ich kann, wenn ich will alles erreichen was ein gesunder Mensch auch erreicht, keine Frage, aber zu welchem Preis?
Es gibt Situationen, da bin ich es leid für mein Recht zu kämpfen, dafür zu kämpfen, dass ich ohne nervliche Zusammenbrüche aus dem Haus gehen kann, weil es irgendwo immer etwas gibt, das mir im Weg steht, sei es ein zu hoher Bürgersteig oder ähnliches.
Es gibt auch Momente, in denen ich keine Energie mehr dafür habe mir mit meiner Krankenkasse eine Papierschlacht zu liefern, weil ich ein neues Fahrrad brauche, (das drei Räder hat), weil mein altes zu klein geworden ist – ich habe es mit 9 bekommen, das es mit 21 an seine Grenzen kommt ist nachvollziehbar.
Ich bin nicht in der Lage mir ein Fahrrad zu kaufen, das 3000€ kostet.
Aber meine Krankenkasse sieht es nicht ein, das Fahrrad wenigstens zu bezuschussen, weil es eine Freizeitbeschäftigung ist und ich es zudem nur benötige um mich bequemer von A nach B bewegen zu können. Das dieses Fahrrad auch einen therapeutisch wertvollen Effekt hat, wird vollkommen außer Acht gelassen.
Ich schweife ab.
Wisst ihr, ich denke, diese Hürden der Bürokratie sind die größten Steine, die dir als Behinderter in den Weg gelegt werden. Die zwar mit sehr viel Mühe, Zeit und Geduld aus der Welt geschafft werden können aber deutlich machen, dass es zu großen Teilen nicht die Gesellschaft ist, die mich oder andere diskriminiert, sondern die übrigen gesetzlichen Vorschriften schaffen es ein Grundgesetz, das die Würde des Menschen schützen soll, aus den Angeln zu heben und eigentlich unbrauchbar zu machen.
Wenn dann mal wieder eine Ablehnung ins Haus flattert, erfasst mich so unfassbare Wut, das klingt im ersten Moment erschreckend, aber sie ist mein Motor!
Sie ist der Grund nicht aufzugeben, mir werden Steine in den Weg gelegt, ja, aber ich habe Rechte!
Wer sind diese Menschen denn, die sich anmaßen über mich zu entscheiden, die glauben das Recht zu haben mir mein Recht absprechen zu können.
Tut mir einen Gefallen und lasst euch nicht abschrecken, solltet ihr in eine ähnliche Situation kommen.
Die Menschen die diese Entscheidungen treffen, haben in ihrem Leben wahrscheinlich nicht einen beeinträchtigten Menschen näher kennengelernt und nur vor Paragraphen gebrütet.
Macht euch bewusst, dass ihr mehr seid als Paragraphen, Vorschriften oder eine Nummer, die auf einer Karte steht.
Ihr seid Menschen, die ein Recht darauf haben ein möglichst schmerzfreies und angenehmes Leben zu führen.
Wir sollten uns wieder daran erinnern, dass die Würde des Menschen unantastbar ist und dass wir alles tun sollten um unsere Würde zu bewahren.
Ich finde das ist ein ganz toller Beitrag, der deutlich macht wo es hängt. Das Problem mit den Barrierefreien Schulen ist mir auch schon so oft aufgefallen. Ich kenne keine einzige die wirklich Barrierefrei ist…..
Hey 🙂
100%ig stimme ich diesen Zeilen zu! Es ist schön, wie sie es auf den Punkt bringt und gleichzeitig so traurig, dass es überhaupt so passiert!
Ich bin Mutter eines behinderten Kindes (Pflegegrad 3 mit erhöhter eingeschränkter Alltagskompetenz und Schwerbehindertenausweis GBH 100%) und hab schon Spießrutenlauf durch die Gesellschaft hinter mir bevor es überhaupt zu einer Diagnose kam (Autismus Specktrum Störung mit hohem Funktionsniveau).
Inklusion ist ein guter Ansatz aber die Umsetzung wird leider noch Jahre benötigen bis sie ausgereift ist.
Es geht immer um das liebe Geld, um Paragraphen und um Idioten, die von all dem keine Ahnung haben und wegen ihrer Stempel und manchmal dummen Entscheidungen an ihrem Schreibtisch bezahlt werden.
Aber auch ich gebe niemals auf und mache weiter für meinen Sohn damit er es irgendwann leichter hat in dieser Gesellschaft zu leben!
Lieb Grüße aus dem Allgäu
Steffi (Trullas_Kingdom)
Ich kann dir nur zustimmen.
Ein guter Freund von mir machte vor über 10 Jahren auch diese Erfahrung. Er war an den Rollstuhl gebunden. Sein Wille, auf ein Gymnasium zu gehen war daher da und er besuchte einige von diesen, um sich wohlfühlen zu können und eben um auch dort selbstständig mit seinem Rollstuhl sich fortbewegen zu können. Da war er auch sehr froh, dass es in unserer Heimat ein Gymnasium gibt, welches vor mehr als 10 Jahren umgebaut wurde. Es wurde ein Fahrstuhl eingebaut und alle Türschwellen verschwanden. Irgendwie kamen dadurch aus vielen anderen Bundesländern die Schüler in diese eine Gymnasium. Es war halt barrierefrei gebaut worden. Ohne diesen Umbau vor seinem Wechsel von der Grundschule aufs Gymnasium wäre für ihn nur eine Schule für behinderte Menschen in Frage gekommen. Er wollte aber wie ein normaler Mensch behandelt werden und Nicht wie jemand der ständig Hilfe brauch. Ich bewundere Menschen wie euch. Ihr habt so viel Kraft und einen starken Willen. Manch anderer könnte sich an euch ein Beispiel nehmen.