In letzter Zeit hatten unser Sohn und ich sehr häufig kleine Kämpfe miteinander. Das klingt echt ätzend, wenn ich das selber lese, aber so war es nun mal. Ich habe mich immer und immer wieder in alltäglichen Situationen auf Kämpfe eingelassen.
Und ich kann nicht mal mehr sagen wieso. Oder warum ich diese Kämpfe zugelassen habe.
Vielleicht lag es ein wenig daran, dass es meinem Mann besser geht. Er hat solche „trotzigen“ Reaktionen unseres Sohnes einfach viel seltener und viel weniger ausgeprägt. Klar er ist ein anderer Mensch und er ist auch nicht immer da. Ich kann mich eigentlich nicht mit ihm vergleichen. Doch habe ich es getan. Mich immer mehr geärgert warum unser Sohn bei meinem Mann so anders reagiert als bei mir. Das soll keine Ausrede sein. Es ist lediglich für mich eine Erklärung warum sich diese Kämpfe eingeschlichen haben könnten.
Mein Mann hat sich immer rausgehalten. Doch war er zuletzt, genau wie ich, sehr hilflos und unzufrieden mit der Situation.
Da kam unsere Supervision mit dem Jugendamt sehr gelegen.
Es ist absolut nicht schlimm sich Hilfe zu holen
Obwohl wir schon das „Starke Eltern – starke Kinder“ Seminar gemacht haben, fiel ich in alte Muster zurück. Das ist nicht schön, aber menschlich. Normal. Da ist es gut jemanden zu haben, der mich immer wieder einnorden kann. Manchmal schafft das mein Mann, leider nicht immer. Unsere Supervision Gruppe ist da ideal. Neutrale Menschen mit den gleichen Themen und die ausgebildete Therapeutin, können mich dann bei so emotionalen Gefühlen anders erreichen. Ich finde es überhaupt nicht schlimm immer wieder zu einem Familientherapeuten zu gehen und mich immer wieder einnorden zu lassen.
In vielen Berufen gibt es jährlich Fort – und Weiterbildungen. Oft wünschte ich mir das es sie in manch anderen Berufen gäbe. Warum also sich nicht als Eltern regelmäßig weiterentwickeln? Ist unser Eltern „Beruf“ doch für unsere Kinder so wichtig.
Kämpfe entstehen meistens aus Erwartungshaltung heraus
Erwartungen, das ist genau der Punkt. Ich finde, ich darf von meinem Kind nichts erwarten. Erwartungen können häufig zu Enttäuschung führen.
Ich beschreibe unserer Therapeutin bei der Supervision Gruppe also die Situationen. Zähneputzen, anziehen, Fahrrad fahren. Alltags Situationen bei denen es regelmäßig kracht.
Die Therapeutin stand auf und malte folgendes Bild auf das Flipchart.

Quelle: http://www.christiandrees.de/news/19-neuigkeiten-2
Ich erkannte das Bild wieder. Genau dieses Dreieck hatten wir schon im Starke Eltern – Starke Kinder Seminar.
Es geht darum, was in unserer Erziehung mit unseren Kindern am Meisten bringt. Und was nicht so viel hilft. Nämlich reden.
ICH REDE ZU VIEL
Und alles Reden bringt nichts. Ich rede einfach zu viel. Statt einfach meine wunderbare Beziehung zu meinem Sohn wirken zu lassen und ein Vorbild zu sein. Also vorzuleben. Immer wieder. Ein positives Bild zu sein, auf das unser Sohn schaut und lernt.
Nicht so viel reden. Vor allem nichts zerreden. Denn das passiert bei mir dann meistens. Ich rede und rede und rede mich um Kopf und Kragen. Mich nervt es ja selber wenn mir jemand etwas in 10 Varianten versucht beizubringen oder zu vermitteln. Ich fühle mich klein und vor allem für blöd verkauft.
So wird es wohl unserem Sohn auch gehen.
Also versuche ich jetzt weniger zu reden. Und, und das ist noch wichtiger, einmal mehr versuche ich das Motto „Welche Konflikte sind wirklich wichtig“ zu leben.
Was ist wirklich wichtig? Welcher Konflikt ist es wert ausgetragen zu werden? Kein Kind putzt gerne Zähne. Verständnis für die Bedürfnisse des Kindes zeigen und diese auch aussprechen.
„Ich weiß, dass du ungerne Zähne putzt.“ Und dann nicht drohen. Aber durchaus mit einer logischen Konsequenz kommen. Und das auch ohne Vorwurf oder erhobenen Zeigefinger. Wenn ich nicht meine Zähne putze kann ich auch nichts Süßes essen.
Ich kann und will ohne Bestrafen erziehen
Wichtig ist dann auch die Konsequenz. Wenn ich jetzt also meinem Kind sage er bekommt nichts Süßes, weil er keine Zähne geputzt hat, er dann aber danach fragt und er das dann nicht verstehen will, einfach auf das Zähneputzen hinweisen und sagen er habe morgen eine neue Chance. Denn es geht bei den Süßigkeiten nicht um bestrafen, sondern um seine Zähne, die ich als Erwachsener schützen muss.
Wenn ich das schaffe so zu vermitteln, wird, und da bin fest von überzeugt, mein Kind verstehen, dass es hierbei nicht um ein Machtkampf geht, sondern ich ihn lediglich schützen möchte.
Jeder Mensch ist anders. Jeder Therapeut hat andere Ansätze und Sichtweisen. Es ist wichtig jemanden zu finden mit dem ich gut klar komme. Das bedeutet nicht jemanden vor mir sitzen zu haben, der mich immer lobt und sagt wie toll alles ist. Ganz im Gegenteil. Ich brauche jemanden der mich versteht und nachvollziehen kann wie es mir geht und warum ich so reagiere, mir aber durchaus neue Ansätze mitgeben kann, die zu mir passen. Die ich authentisch umsetzen kann.
Mit unserer Supervisorin habe ich eine solche Person gefunden.
Am Ende einer jeden Supervision gehe ich zufrieden nach Hause. Denn erstens fühle ich mich in keiner Weise getadelt und zweites sind diese vermeidlichen Konflikte oft sehr leicht zu umgehen und die Ansätze dafür bekomme ich von unserer Therapeutin.
Wenn dann doch mal ein Konflikt entsteht, versuche ich mich jetzt wieder daran zu erinnern, was wirklich wichtig ist und ob ich wirklich gegen mein Kind „kämpfen“ möchte oder ob er wirklich müde ist und ich ihm nicht einfach die Socken anziehen kann.
Denn dessen bin ich mir sicher, spätestens mit 18 wird er es können.
Ich möchte mein Kind hören und wahrnehmen
Es geht darum, die Bedürfnisse meines Kindes wahrzunehmen und zu verstehen. Und darauf zu reagieren. 90% der Konflikte entstehen in meinem Kopf, durch meine Erwartungen. Darüber musste ich mir erst mal wieder klar werden. Und auch wenn das erst mal hart ist, fühlt es sich dennoch wunderbar an. Denn ich liebe mein Kind und möchte ihm nichts Böses. Ich will auch nicht erwarten, dass er etwas aus einem bestimmten Grund macht.
Nein ich möchte ihn wahrnehmen. Ihn begleiten und mit ihm gemeinsam sein. Nicht gegen ihn.
Deswegen versuche ich wieder all meine Erwartungen los zu lassen und auf mein Kind zu schauen. Zu verstehen was er braucht. Und dann überlege ich mir ob das jetzt gerade wichtig ist oder ob sich dieser Konflikt nicht sowieso mit der Zeit ergibt. Das fühlt sich für mich so gut, so richtig an.
So möchte ich mit meinem Kind leben. Nur manchmal, ja manchmal eben. Aber dafür ist es für mich so wichtig offen für Kritik zu bleiben. Mich zu reflektieren und nichts für selbstverständlich zu nehmen.
Mehr hinhören. Mehr achten. Mehr helfen.
Sind logische Konsequezen nicht auch Strafen?
Finde ich nicht. Denn eine Konsequent ist ja auch, wenn ich nicht in die Pedale trete, fährt das Fahrrad.
Eine Konsequenz ist eine Folgerung vorheriger Ereignisse. Und deswegen finde ich das ganz und gar keine Strafe. Aber vielleicht sieht das auch jeder ein wenig ander.
hallo kevin
ich lese deinen blog schon einige zeit und finde ihr macht das echt toll. beim durchlesen des heutigen blogeintrags war mein erster gedanke wenn die meisten eltern nur halb so viel über ihre kinder nachdenken würden gäbe es viel mehr glückliche kinder . ich finde ihr seid super eltern und ich bewundere euch für euren einsatz .
lg alex
Hallo Alex
ich danke dir von Herzen für deine lieben Worte. Das rührt mich sehr.
Beste Grüße
Kevin
Hallo,
ich kann das mit dem Kämpfen nachvolziehen, bei unserem Sohnemann ist das auch so. Ich muss mich immer ermahnen, nicht jeden Kampf auszufechten. Ich versuche immer daran zu denken: ist die Situation etwas worüber ich in einem Jahr nur lachen kann? Oder sie sogar vergessen habe, also warum sollte ich mich mehr als eine oder zwei Minuten darüber aufregen. Ist natürlich oft einfacher gesagt als getan, wir haben die meisten Kämpfe mit den Hausaufgaben/lernen, wobei ich hierbei festgestellt habe, dass wenn man sich mit ihm zusammen hinsitzt und nur Präsens zeigt, indem man mit ihm über die Hausaufgaben redet, dann funktioniert dies alles besser. Nur leider können meine Freundin und ich dies nicht immer machen, da wir beide berufstätig sind.
Außerdem bedeutet, wenn ein Kind Kämpfe mit den Eltern ausfechtet, dass es defintiv sich sicher und geborgen in der Familie fühlt.
Lieber Kevin,
heute möchte ich dir mal ein ganz dickes ♡ hier lassen. Ich lese seit einiger Zeit deine Beiträge, besonders bewegen mich dabei deine ehrlichen und ergreifenden Berichte über euer Leben als Pflegefamilie. Toll finde ich aber auch, dass du gesellschaftliche Probleme, wie die vermeidbare Müllproduktion und somit die Rettung der Ozeane ansprichst. Ich habe noch immer das Gefühl, dass dieses Thema bei der Menschheit noch nicht angekommen ist.
Lieber Kevin, Danke für dein grosses Herz und deine Menschlichkeit. Du bist ein echtes Vorbild! Bleib so wie du bist!
Liebe Grüße
Linda
oh wow…danke für deine lieben Worte…DANKE