Schluuri besucht uns zum ersten Mal zu Hause.
Wie wird es sein? Fühlt er sich wohl? Ist er zurückhaltend?
Wir wollten ihn uns nicht ‘kaufen’. Also war es noch nicht übermäßig voll mit Spielsachen. Er musste ja auch seine eigenen Vorlieben entwickeln. Und danach sollte sich sein Zimmer dann nach und nach füllen. Und unser Wohnzimmer. Ist klar =)
Vor lauter Überschuss an Emotionen, erinnere ich mich nicht mehr an so viele Details. Ich weiß, das er gleich den Eindruck erweckte sich wohl zu fühlen. Also ist die Dame vom Kinderheim auch schon nach einer halben Stunde gegangen. Nur wir 3. Glück. Liebe.
Es war Sommer. Also konnten wir auch raus in unseren Garten und das (extra gekaufte) Muschelplanschbecken ausprobieren. Davon war er schon mal begeistert.
Sein Zimmer fand er jetzt nicht direkt “gruselig” aber er war sehr zurückhaltend. Ich denke er war einfach völlig übermannt von den ganzen Eindrücken. Und vielleicht auch von dem positiven Gedanken, das das jetzt sein Zimmer sein könnte.
Alles in allem war es einfach wundervoll. Der Gedanke ihn jetzt wieder zurück zufahren – unerträglich.
An dieses eine wundervolle Detail erinnere ich mich noch: Wir hatten die Stühle am Esstisch immer in einer bestimmen Konstellation stehen. Jeweils Zwei Stühle an einer Seite. Aber für Schluuris ersten Besuch wollten wir an jeder Tischseite einen Stuhl haben. Damit er zwischen uns beiden sitzen kann.
Aus Gewohnheit stellten wir die Stühle abends, nachdem Schluuri wieder im Heim war, wieder an ihre ursprüngliche Stelle.
Als Schluuri das nächste Mal zu uns zu Besuch kam (dieses Mal für einen ganzen Tag) war er völlig entrüstet. Er sah die Stühle. So gehörten sie doch aber nicht. Er nahm sofort einen Stuhl und schob ihn ans Kopfende. Sodass er wieder zwischen uns beiden sitzen konnte. Wie wundervoll doch Kinder sind.
Herzklopfen…
Und dann kam der große Tag. Das ist bei uns zu Hause tatsächlich ein fester Begriff für Schluuri Einzug.
“Im Kinderheim gab es das Abschlussfrühstück mit Müsli, Käse- und Wurstbrot.” So ergänzt Schluuri jedes Mal die Geschichte wenn ich den großen Tag erwähne.
Wir waren schon im Auto auf dem Weg unseren Sohn zu uns zu holen. (puh atmen) Nur vom Schreiben habe ich schon wieder Tränen in den Augen. Das ist das größte Glück. Das Allergrößte.
Und ich bin so nervös, ich kann es nicht in Worte fassen. Eine Premiere vor ausverkauftem Publikum ist ein Sch… dagegen. Die Hochzeit ist von der Freude und Aufregung vergleichbar.
Aber das ist jetzt einfach ein völlig neuer und anderer Lebensabschnitt der gerade startet. Unfassbar. Wir bekommen ein Kind.
Viel geredet haben wir auf der Fahrt bestimmt nicht. Ich erinnere mich kaum. Händchen gehalten. Uns angeschaut. Vor Freude immer wieder geweint. Das passt zu uns.
Wir kommen dort an und müssen noch ein paar Formalien erledigen. Unterschreiben. Ja wirklich unterschreiben das wir unser Kind jetzt mitnehmen. Wir bekommen sein restliches Kindergeld in bar. Und ein paar Dinge von seiner leiblichen Familie, die das Kinderheim nicht wegwerfen darf. Wir nehmen alles mit.
Es ist ehrlich gesagt immer noch in der gleichen Kiste wie am ersten Tag. Das sind nicht wir. Gehört nicht zu uns.
Und doch irgendwie zu unserem Sohn. Also werfen wir es nicht weg. Irgendwann bekommt er es wahrscheinlich zu sehen.
Schluuri erweckt den Eindruck völlig abfahrbereit zu sein und auch nicht traurig zurück zu blicken. Er möchte jetzt sein neues Leben starten. Er will. Und von dem “will” hat er viel. Das ist manchmal anstrengend. Aber gut so.
Nach einer völlig unbeschreiblichen, wilden, tränenreichen und glücklichen Anbahnungsphase (um mal mit Fachjargon zu glänzen) ist es nun so weit.
Am 3.09.2015 zieht Schluuri bei uns ein.
Wir werden eine Familie.
Und ich sitze hier vor meinem Rechner und fange wieder an zu weinen. Vor Glück. Liegt doch nebenan unser Sohn und schläft.
Familie!
Hallo Kevin,
spannend, mal von einer Regenbogenfamilie mit Männern zu lesen. Es ist bestimmt eine Herausforderung, ein “fremdes” Kind zu sich zu nehmen. Wie hat sich eure gefühlsmäßige Bindung zueinander entwickelt? Du hast ja geschrieben, du warst schon überwältigt bei den ersten Fotos, aber ich vermute mal, so etwas wie Zuneigung, Verbundenheit und elterliche Liebe ist ja nicht von jetzt auf gleich da und man muss den kleinen Menschen in seiner Individualität ja erst mal kennenlernen. Gab es auch mal Ängste, dass es vielleicht nicht so klappt mit euch, oder hat es sich von Anfang an immer richtig angefühlt? Gibt es Kontakt mit Timmys leiblichen Eltern, oder wird es den geben? Ist es sicher, dass timmy nun bei euch bleiben wird?
Sorry, wenn ich zu viele Fragen stelle, aber ich bin sehr neugierig Sicherlich wirst du in der nächsten Zeit noch mehr zu eurem Alltag schreiben.
Liebe Grüße, Manuka (die mit ihrer Frau im August ihr Regenbogenbaby erwartet )
Vielen Dank für Deine lieben Worte =) Und Dein Interesse. Ich werde dazu ein Q&A Vlog erstellen. Also wenn Du noch mehr Fragen hast nur her damit. Ich bin schon am Sammeln 😉
So schön geschrieben und man merkt wie sehr du ihn liebst – das ist ganz wunderbar.
Es ist traurig, dass so ein wunderbarer Junge im Kinderheim war und doch gleichzeitig auch schön, da er dadurch sein tolles zu Hause und seine Eltern gefunden hat.
Jetzt musste ich mitweinen, wunderschön geschrieben! Danke, dass du das mit uns teilst
=)
Terrific Webpage, Continue the good job. Thanks for your time. https://8tracks.com/dugoutkitty5
Wundervoll diese Geschichte! Du gibst uns die Kraft den selben Weg einzuschlagen…bitte mehr davon:)
Genauso habe ich mir Euch vorgestellt. Unendlich liebevoll und emotional. Toll!
Oh wie wundervoll warm und leuchtend Deine Beschreibungen sind.
Die Bewerbungen…die Tests….das Vielleicht und dann das Gefühl dieser unendlichen Liebe für ein fremdes Kind, welches plötzlich das eigene ist. Du beschreibst das alles so real, dass ich Euch genau vor mir sehe und gerade sechs Jahre zurück gehe und unsere Geschichte wieder vor Augen habe.
Ich wünsche Euch alles Glück dieser Erde für Eure wunderbare Familie. Ihr seid wundervolle Eltern für eines dieser besonderen Kinder, die die Welt beherbergt.
Macht bitte weiter so….
Ich freue mich auf viele weitere emotionale Berichte von Euch…..
Das hast du ganz wundervoll geschrieben. Ich habe mich gerade durch alle drei Teile gelesen. Mir kamen die Tränen. Es freut mich riesig für euch, dass ihr drei eine Familie werden durftet.
Von Herzen alles Gute für euch.
Liebe Grüße, Yvonne
Hallo
und vielen Dank für deinen lieben Kommentar. Danke.
LG
Kevin
Oh, wie wunderschön zu lesen.
Gerade habe ich die Anbahnung mit meinem ersten Pflegekind anlässlich des ersten Jahrestags Revue passieren lassen und nun finde ich diesen wunderschönenText.
Ich glaube diese ganz besondere Anbahnungszeit, dieses Schwanken zwischen fremd und vertraut, dieses Überwältigtsein kann nur nachvollziehen, wer es selbst erlebt hat.
Alles Gute für euch und euer Kind.
Ich komme bestimmt noch öfter zum Lesen vorbei.
Natalie
Beim Lesen Eurer Geschichte musste ich sofort an unsere Eigene denken. Seit 2017 wohnt unser wunderbarer Sohn bei uns und hat unser Leben wahnsinnig bereichert. Die Anbahnungsphase verlief bei uns genauso, wobei bei uns ein Probewochende mit Übernachtung geplant war und unser Sohn einfach nicht zurück ins Kinderheim wollte. So ist er einfach geblieben. Aber an die bitteren Tränen bei jeden Abschied kann ich mich auch noch sehr genau erinnern und an meine Ungeduld, dass sich mein größter Traum Mama zu werden in Erfüllung geht. Liebe Grüße
❤❤❤
Gänsehaut! Danke für diese Trilogie und den Einblick in euer gemeinsames Leben! Alles Gute eurer ganzen Familie 🙂